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Die NSA unter roten Weihnachtssternen

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Zweimal war letzte Woche die National Security Agency und mit ihr der Präsident unter Druck geraten: Eine Expertenkommission, vom Weißen Haus eingesetzt, schien dem Mann im Weißen Haus vorzuschlagen, der NSA nicht nur engere Grenzen zu setzen, sondern diese Überwachungsbehörde auch besser zu überwachen. Und nicht freundlicher war mit ihr ein Bundesrichter umgegangen, als er in einem aufsehenerregenden Urteil in Frage stellte, ob ihre systematische Abschöpfung von Daten zumal bei amerikanischen Telefongesprächen mit der Verfassung zu vereinbaren sei.

Die Lage hat sich also verändert, die Debatte aber bleibt weitgehend gleich. Wie schon so oft zuvor setzten sich altbekannte Kritiker und Verteidiger der NSA vor die Kameras, um ihre altbekannten Argumente vorzutragen. Der republikanische Abgeordnete Peter King nannte bei „Meet the Press“ Edward Snowden wieder „Überläufer“ und „Verräter“ und warnte davor, die NSA, die absolut notwendig sei, zu entwaffnen. Die ganze Debatte werde von Hysterie genährt. Dagegen hielt abermals der demokratische Senator Patrick Leahy: „Die Gründerväter wären erstaunt.“ Schlecht gearbeitet habe die NSA, was schon daran zu erkennen sei, dass jemand sie bestehlen konnte und sie immer noch nicht wisse, was überhaupt gestohlen wurde. Wenigstens sollte es möglich sein, sie zur Rechenschaft zu ziehen.

Völlig unverändert meldete sich auch Mike Rogers, Republikaner und Vorsitzender des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, bei „This Week“ zu Wort. Der Expertenkommission wollte er schon deshalb nicht allzu viel Gewicht beimessen, weil sie „von Juraprofessoren dominiert“ worden sei, und außerdem habe sie keinen Gesetzesverstoß und keinen Skandal entdecken können. Darum will er mit dem Bericht sogar ganz zufrieden sein, auch wenn er uns empfiehlt, ihn nicht als „heiligen Gral der Berichte“ misszuverstehen. Der kritische Bundesrichter? „Das ist nur ein einziger Fall“. Sein Urteil werde wahrscheinlich aufgehoben. Immerhin seien sechzehn Bundesrichter vorher zum entgegengesetzten Ergebnis gekommen. Dass auch Rogers in Snowden einen Verräter sieht, war ohnehin klar. Jetzt warf er ihm aber auch noch vor, sich bereichern zu wollen, indem er einem Land, das er um Asyl bitte, Geheiminformationen in Aussicht stelle.

Der demokratische Senator Mark Udall, ebenfalls Mitglied des Geheimdienstausschusses, hatte den Bericht ein bisschen anders gelesen. Alle Argumente, die für den Status quo sprächen, seien nun entkräftet. Es sei klar, die NSA habe es zu weit getrieben und müsse folglich von Grund auf reformiert werden. Auch wenn es noch keinen Missbrauch gegeben habe, sei das Potential dafür da. Die NSA müsse sich das Vertrauen Amerikas wiedergewinnen. Wie das gelingen könnte, hat die „hochangesehene Expertenkommission“, so Udall, in sechsundvierzig Empfehlungen umrissen. Sie alle, erklärte Kommissionsmitglied Michael Morell bei „Face the Nation“, seien einstimmig zustande gekommen.

Morell, ehemals selbst geheimdienstlich aktiv, zeichnete darüber hinaus ein überraschend kritikfreies Bild des Berichts. Richtig stellen wollte er vor allem die irrige Ansicht, er und seine Kollegen hätten in dem „Programm“ keinen Wert erkannt. „Es ist wichtig.“ Die NSA habe auch die Privatsphäre der Amerikaner nicht verletzt und spioniere sie nicht aus. Sie habe getan, was die Regierung ihr zu tun auftrug. Ihre Beschäftigten sind für Morell Patrioten, wie Amerika sie angesichts der Bedrohungen brauche. Auch er stellt klar: „Es gab keinen Missbrauch.“ Der Zugang zu den Daten müsse weiterhin erhalten bleiben, nur sei dabei auf die Privatsphäre und die Bürgerrechte etwas mehr Rücksicht zu nehmen. Wie? Erstens sollte die Regierung nicht die Daten verwahren, sondern eine Institution, über die noch zu entscheiden wäre. Und zweitens sollte jeder gezielte Datenzugriff erst nach Einschaltung eines Gerichts erfolgen. Der „verheerende Schlag“, wie der Reporter Brian Ross den Bericht nannte, entpuppte sich somit in Morells Interpretation als freundliche Anregung.

Ob es die roten Weihnachtssterne waren, die in den vorfestlich geschmückten Studios die Debatte derart verfriedlichten? Jedenfalls schob die Kommentatorenrunde, die George Stephanopoulos für „The Week“ versammelt hatte, das Thema NSA schnell zur Seite. Nach den voraussichtlich großen Themen und Brennpunkten des Jahres 2014 befragt, wurden genannt: Einkommensungleichheit, Wut und Frustration der Mittelklasse, Al Qaidas Erstarken in Syrien, Konfrontation zwischen Iran und Israel. Wie es mit der NSA im nächsten Jahr weitergeht? Kein Wort.

von Jordan Mejias erschienen in Der Sonntag in Washington ein Blog von FAZ.NET.


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